{"id":1508,"date":"2008-07-20T21:04:14","date_gmt":"2008-07-20T19:04:14","guid":{"rendered":"http:\/\/www.emmenreiter.de\/?page_id=1508"},"modified":"2016-12-16T10:46:14","modified_gmt":"2016-12-16T08:46:14","slug":"turkmenistan-wuestenmarathon","status":"publish","type":"page","link":"https:\/\/www.emmenreiter.de\/turkmenistan-wuestenmarathon\/","title":{"rendered":"Turkmenistan-Transit: Ein W\u00fcstenmarathon"},"content":{"rendered":"

\"MZ<\/p>\n

Nach 34 Stunden auf dem Meer: Ankunft in Turkmenbashi<\/h3>\n

Wir fahren unsere Mopeds \u00fcber eine alte klapprige Holzbohlenrampe in den dunklen, \u00f6ligen Rumpf der F\u00e4hre nach Turkmenbashi. Au\u00dfer ein paar alten G\u00fcterwagons k\u00f6nnen wir kein anderes Fahrzeug sehen. Personal zur Einweisung oder Gurte zum Festzurren \u2013 Fehlanzeige. Unser schweres Gep\u00e4ck schleppen wir \u00fcber zahlreiche Hindernisse \u00fcbers ganze Schiff hoch zu unserer teuren Kabine Nummer 5. Der Schwei\u00df str\u00f6mt aus allen Poren. Wir tauschen unsere P\u00e4sse gegen den Kabinenschl\u00fcssel ein. Ersch\u00f6pft betreten wir unsere vermeintliche Luxussuite der fast menschenleeren F\u00e4hre aus den fr\u00fchen Achtzigern. Keine Ahnung, wie viel tausende Passagiere vor uns auf diesen Teppich gekleckert und in die alten Matratzen geschwitzt haben. Es gibt keine Bettw\u00e4sche oder Handt\u00fccher, wenigstens haben wir ein Fenster \u201emit Blick aufs Meer\u201c und eine halbwegs funktionierende Dusche und Toilette. Um drei Uhr morgens werden wir nach ruhiger \u00dcberfahrt vom Rasseln der Ankerketten geweckt. Sind wir da? Die Aufregung steigt. Micha guckt aus dem kleinen Kabinenfenster in die Dunkelheit. In der Ferne leuchten Lichter einer Stadt: Turkmenbashi?Wir ankern an dieser Stelle bis zum Sonnenaufgang und schlafen noch mal ein. Leider wissen wir da noch nicht, dass wir insgesamt 19 Stunden in dieser Position ausharren werden, da der turkmenische Grenzhafen geschlossen ist. Warum, wissen wir bis heute nicht.
\nNach ewigem Warten an Deck und sonst wo auf dem verwaisten Boot laufen wir endlich ein. Es ist Mitternacht und uns steht ein vierst\u00fcndiger Papierkrieg bevor. Der kostet uns pro Person mehr als hundert Dollar. Daf\u00fcr haben wir einen ganzen Stapel bunter Dokumente in der Tasche. Die Beamten sind \u00fcberraschend nett und servieren uns Tee und S\u00fc\u00dfigkeiten zur Halbzeit. Wir k\u00f6nnen es kaum glauben, aber auf eine Gep\u00e4ckkontrolle hat jetzt offenbar keiner mehr Lust. Ein Gl\u00fcck, wir auch nicht! Nach zweieinhalb Stunden Schlaf auf dem Fu\u00dfboden des Hafengeb\u00e4udes starten wir bei Sonnenaufgang unsere erste von vier Etappen: 152 Kilometer bis nach Balkanabat.<\/p>\n

Vier Tage, 1.200 W\u00fcsten-Kilometer bei 50 Grad Hitze<\/h3>\n

Wir haben einen ganzen Tag unseres so knappen F\u00fcnf-Tage-Transitvisums im Hafen vergeudet und vor uns liegen insgesamt etwa 1.200 Kilometer Transit durch die Karakum-W\u00fcste. Die gro\u00dfe Hitze hat gef\u00e4hrliche Dellen in die marode Asphaltstra\u00dfe geformt, was schnelles Vorankommen unm\u00f6glich macht. Wir werden in den n\u00e4chsten vier Tagen die wenigen St\u00e4dte Balkanabat, Ashgabat, Mary und Turkmenabat ansteuern. Nicht nur der Zustand der Transitstra\u00dfe macht uns zeitlichen Druck. Uns grault auch vor den ber\u00fchmten Polizeikstopps an etlichen Kontrollstationen auf der Strecke. Als wir am 13. Juli morgens um halb Sieben aus dem Hafen in Turkmenbashi losfahren, werden wir \u2013 die Grenzstation noch nicht mal aus den Augen \u2013 f\u00fcnfhundert Meter weiter zum ersten Mal durch eine Trillerpfeife gestoppt. Zwei Polizisten st\u00fcrmen aus ihrem Warteh\u00e4uschen auf die Stra\u00dfe und setzen sich noch schnell und ordnungsgem\u00e4\u00df ihre gr\u00fcne Kappe auf: \u201ePassport!\u201c Sie gucken wie die Sau ins Uhrwerk, als wir ihnen alle Grenzpapiere \u00fcberreichen, die wir vor ein paar Stunden geduldig eingesammelt haben. Micha soll mit ins Kontrollhaus kommen, dort wird der Vorgesetzte hinzugeholt. Nach einer Viertelstunde kommt der Chef und macht uns klar, dass wir ihm in seinem Lada Samara folgen sollen. Nach einer zehnmin\u00fctigen Fahrt durch Turkmenbashi in die eigentlich umgekehrte Richtung h\u00e4lt er an der Kontrollstation am anderen Ende der Stadt und meint nur: Hier entlang geht\u2019s nach Ashgabat, gute Reise! Dieser Kontrollpunkt war der einzige und letzte in ganz Turkmenistan, an dem wir anhalten mussten. Ansonsten wurden wir nur noch einmal kurz vor Ashgabad angehalten. Da wurden allerdings nur beide MZ-Motorr\u00e4der neugierig beguckt und man hat uns k\u00fchles Trinkwasser geschenkt. Wir sahen wohl durstig aus.
\nIn Balkanabat tauschen wir Geld auf dem Schwarzmarkt, denn nur hier bekommen wir einen realistischen Kurs: Ein US-Dollar ist etwa 14.200 Manat wert. Mit einem Riesenstapel Geldscheinen im Portemonnaie sind wir endlich reich, oder? Wir beschlie\u00dfen, uns in Turkmenistan nach jeder Etappe mit einer \u00dcbernachtung in einem Topend-Hotel zu belohnen, d.h. ein Zimmer mit Klimaanlage und sauberem Bad. Das kostet etwa 60 Luxusdollar pro Nacht. So k\u00f6nnen wir uns abends jedoch gut von der stundenlangen Fahrt erholen.
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