{"id":1575,"date":"2008-09-24T21:14:52","date_gmt":"2008-09-24T19:14:52","guid":{"rendered":"http:\/\/www.emmenreiter.de\/?page_id=1575"},"modified":"2016-12-16T07:46:52","modified_gmt":"2016-12-16T05:46:52","slug":"tadschikistan-pamir-highway","status":"publish","type":"page","link":"https:\/\/www.emmenreiter.de\/tadschikistan-pamir-highway\/","title":{"rendered":"Tadschikistan: Mit 20 PS \u00fcber den Pamir-Highway"},"content":{"rendered":"
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N\u00e4chstes Ziel nach Dushanbe ist Khorog, denn dort beginnt unsere Fahrt durchs Pamirplateau. Es gibt zwei alternative Strecken dorthin. Die l\u00e4ngere S\u00fcdroute \u00fcber Kulyab und danach an der afghanischen Grenze entlang soll ruhiger, abwechslungsreicher und besser befahrbar sein. Wir nehmen also Kurs auf S\u00fcden. Die asphaltierte Stra\u00dfe bis Kulyab f\u00fchrt zun\u00e4chst \u00fcber eine h\u00fcgelige, ausged\u00f6rrte Landschaft. Am Nachmittag kommen wir in Kulyab an und fahren beim Hadlon-Hotel vor. Der gro\u00dfe \u201cLuxus\u201d-Neubau gegen\u00fcber vom Basar wirkt wie ein verwaistes Geisterhaus. Eine Frau wischt am Eingang den Staub von den hochglanzpolierten Treppenstufen. Wir sind die einzigen G\u00e4ste im Hotel. Und es scheint, als w\u00e4re unser Zimmer im zweiten Stock das einzige in Benutzung. Das Wasser im Haus wird zum Abend extra f\u00fcr uns angestellt.
\nNach einer ruhigen Nacht im Hadlon geht\u2019s weiter nach Kalaikhum. Die Stra\u00dfe verl\u00e4uft \u00fcber den Shurabad-Pass (2.200 m). Oben angekommen, treffen wir auf das einzige Auto an diesem Tag. Der Fahrer meint, die Stra\u00dfe soll weiterhin gut bleiben. Die Beschreibung \u201cgut\u201d ist hierzulande vorsichtig zu interpretieren. Nach einem kurzen Kontrollstopp unten am Pass bleibt die Fahrbahn unserem Verst\u00e4ndnis nach n\u00e4mlich alles andere als gut. An dieser Stelle endet die Route in unsere Landkarte. Von Stra\u00dfe kann nicht mehr die Rede sein. Die Umgebung ist allerdings gigantisch. Der schmale und irgendwie erkennbare Weg f\u00fchrt jetzt durch riesige Felsenberge immer am gro\u00dfen Fluss entlang, der Tadschikistan von Afghanistan trennt. Von hier aus k\u00f6nnen wir die Afghanen in ihren tats\u00e4chlich malerischen Bergd\u00f6rfern auf der anderen Seite beobachten. Und auch die Schilder, die vor dem verminten Flussufer warnen, sind nicht zu \u00fcbersehen.<\/p>\n
Die \u00fcberraschende Enduropiste bietet alles, was dazugeh\u00f6rt: Sie treibt unsere MZ um schotterige Kurven, durch trockene und steinige Flussbetten, kurze Zuckersandabschnitte, \u00fcber eine klapprige Eisenbr\u00fccke, durch ein paar Furten und eine grobe Baustelle. Ab und zu gabelt sich der Weg, Schilder Fehlanzeige. Nach sieben Stunden Dauereinsatz haben wir 160 Kilometer abgeritten und kriechen am Wegrand nahe Yoged mit verh\u00e4rtetem Nacken in unsere Schlafs\u00e4cke. Auf der zweiten Etappe \u2013 110 Kilometer bis nach Jamarj-e Bala \u2013 legen wir mittags zum zweiten Mal auf der Reise einen Reparaturstopp wegen einer eingezogenen Speiche bei Michas Hinterrad ein. So ein Zwischenfall macht uns l\u00e4ngst nicht mehr nerv\u00f6s. Nach dem Einsatz einer neuen Speiche fixieren wir alle anderen mit Panzertape und k\u00f6nnen nach zwei Stunden das heilige Werkzeug wieder verstauen. Der dritte und letzte Abschnitt bis nach Khorog l\u00e4uft auf asphaltierter Stra\u00dfe ohne Probleme und wir kommen am fr\u00fchen Nachmittag in der begr\u00fcnten Pamir Lodge an. Nach der staubigen Fahrt auf der S\u00fcdroute ist diese Unterkunft ein kleines Paradies. Wir sp\u00fclen im Wassereimer den gr\u00f6bsten Dreck aus den Jeans und braten uns Kartoffeln mit Eiern zum Abendbrot.<\/p>\n
Vor uns liegt das zweith\u00f6chste Gebirge der Welt. In der kleinen Stadt am t\u00fcrkisblauen Ab-i-Panj-Fluss k\u00f6nnen wir uns bestens auf den H\u00f6hepunkt unseres Tripps \u2013 den Pamir \u2013 vorbereiten: gutes Benzin und Motoren\u00f6l tanken, sich auf dem Basar mit Essenvorrat eindecken, Dollarscheine am Geldautomaten ziehen und sich in der Internetbude um letzte Dinge f\u00fcr die Chinadurchreise k\u00fcmmern. Unserem Guide, der uns durch China begleiten wird\/muss, liegen jetzt alle (un)n\u00f6tigen Genehmigungen f\u00fcr den Transit vor. Am 22. September um halb Elf treffen wir Abdul an der chinesischen Grenze am Irkeshtam-Pass \u2013 ein spannendes Blind Date.
\nBeim Fr\u00fchst\u00fcck in der Pamir Lodge unterhalten wir uns mit einem jungen P\u00e4rchen aus Frankreich, das die Pamirstrecke gerade hinter sich hat: auf dem Fahrrad! Sehr kalt und windig! Sie haben wie wir vor, den Winter im warmen Indien zu verbringen. Am Abend vor der Abreise in den Pamir treffen wir gl\u00fccklicherweise auf Tatik, der mit seinem Jeep ein paar Touristen nach Murghab f\u00e4hrt und einen 20-Liter-Kanister Benzin f\u00fcr uns mitnehmen kann. Den k\u00f6nnen wir dann 311 Kilometer weiter \u00f6stlich bei ihm in Murghab abholen. Mit dieser Energiereserve schaffen unsere beiden Moppeds die 700 Kilometer bis zur n\u00e4chsten Tankstelle im kirgisischen \u00d6rtchen Sary-Tash. Der jetzige Benzinvorrat an Bord w\u00e4re bei ein paar Abstechern abseits des Highways knapp geworden.<\/p>\n
Der Pamir Highway: die Mutter aller Rumpelpisten. So jedenfalls beschreibt ein Journalist die ber\u00fchmte Bergstra\u00dfe in seinem Reiseartikel in der ZEIT. Bevor wir losfahren, sehen wir uns die n\u00e4chsten f\u00fcnfhundert Kilometer auf aufgew\u00fchltem Schotter und zwischen knietiefen Schlagl\u00f6chern hin und her schl\u00e4ngeln. Aber wie in vielen Reiseberichten, die wir vorher gelesen haben, wird gern ein bisschen \u00fcbertrieben. Zwar ist an einigen Stellen des Highways Vorsicht gefragt, aber als wir ab Khorog auf die Pamirstra\u00dfe fahren, haben wir erst einmal eine l\u00e4ngere Strecke Asphalt in recht passablem Zustand unter den R\u00e4dern. Darauf rollen wir relativ schnell \u2013 mit 60 km\/h \u2013 vorbei an kleinen D\u00f6rfern, Feldern und immer am hellblauen Fluss entlang.
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Wir machen den ersten Halt in Vush \u2013 ein kleines Pamiridorf, deren zwanzig flache H\u00e4user sich hinter mageren B\u00e4umen und mehreren Felsh\u00fcgeln verstecken. Als wir an der Stra\u00dfe nach einem Zufahrtsweg zum Fluss suchen, wo wir das Zelt aufstellen k\u00f6nnen, pfeift uns Gulsor vom Feld aus zu. Er ist der 22j\u00e4hrige Sohn einer Pamirifamilie, die uns herzlich zum Bleiben einl\u00e4d. Der Vater und Gulsors Br\u00fcder sind gerade dabei, die Heub\u00fcndel f\u00fcr ihre K\u00fche einzuholen, und zwar tragender Weise auf dem R\u00fccken. Eine Ladung ist so schwer, dass Micha sie nicht einmal richtig hoch bewegen kann.
\nGulsor spricht ein paar Worte Englisch, die er von alten Sprachkurskassetten kennt. Er f\u00fchrt uns ins Haus \u2013 ein traditionelles Pamiri-Haus, so wie es seit 2500 Jahren gebaut wird. Als G\u00e4ste werden wir im Hauptzimmer empfangen, das durch f\u00fcnf Balken gest\u00fctzt wird, die namentlich f\u00fcr die Hauptpropheten des Islams stehen. Licht f\u00e4llt durch ein mittiges Dachfenster \u2013 Tschorchona genannt \u2013 in den gro\u00dfen Raum. Die vierquadratische Holzkonstruktion der Tschorchona spiegelt die Elemente Erde, Wasser, Luft und Feuer wider. Seine Mutter serviert uns schwarzen Tee, ofenfrisches Brot und warmes Essen. Sp\u00e4ter wird f\u00fcr uns der Videorekorder aufgebaut und wir gucken \u201cNu Pagadi!\u201d Vorm Schlafengehen reicht uns die Familie noch eine gro\u00dfe Schale Tschir Tschai \u2013 Tee mit Ziegenmilch, Salz und Butterfett verfeinert. Ein komischer Geschmack, aber wir trinken den traditionellen G\u00e4stetrunk brav aus.
\nGulsors Mutter hat f\u00fcr uns auf dem erh\u00f6hten Fu\u00dfboden ein weiches, warmes Bett aus den unz\u00e4hligen decken\u00e4hnlichen Matratzen hergerichtet. Die Familie selbst schl\u00e4ft in einem einfachen Zimmer vor unserer T\u00fcr. Leider verbringen wir beide eine unruhige Nacht mit etlichen Ausfl\u00fcgen zum Erdkloh\u00e4uschen im Mondschein. Vielleicht ist uns die Ziegenmilch im Tee nicht bekommen. Um sieben Uhr lassen wir zusammen mit der Familie die Nacht zu Ende sein. Bevor wir auf die Emmen steigen, verabreicht uns der Vater eineinhalb Liter schwarzen Tee mit f\u00fcnfzig Prozent Zucker. Der Durchfall ist gestoppt.<\/p>\n
Nach Vush wartet der erste Viertausender auf uns! Wir sind angespannt: Wird den Emmen eventuell die Luft ausgehen? Und wie werden ihre Reiter die H\u00f6he vertragen? Wie immer scheint die Sonne vom strahlend blauen Himmel, die hoch gelegene und weite Umgebung ist unwirklich, einsam und fantastisch. Michas gro\u00dfer Traum ist endlich wahr. Die Pamirstra\u00dfe geht bald \u00fcber in welligen Schotter. Der Koitezek-Passanstieg beginnt. Wir schalten drei G\u00e4nge runter, knattern und qualmen geduldig \u00fcber die 4.271-Meterh\u00fcrde auf unserem Weg zum Yashil-Kul. Geschafft! Gl\u00fccklich! Die Packesel werden gestreichelt.
\nNach ein paar Stunden erreichen wir zwanzig Kilometer abseits des Pamir Highways den Yashil-Kul (Gr\u00fcner See). Der Ausblick ist… unglaublich. Um uns herum keine Menschenseele \u2013 nur ockerfarbene Berge, Sand, Steine, der blaue Himmel und der See. Schnell merken wir die unheimliche Stille, die hier herrscht. Die einzigen Ger\u00e4usche, die man h\u00f6rt, verursachen wir selbst. Eine ungewohnte, aber spannende Atmosph\u00e4re. Wir richten auf 3.700 Metern unsere Tatonka-Jurte her, k\u00fchler und kr\u00e4ftiger Wind kommt dabei auf. Zum Schutz legen wirnSteine ringsum auf den Zeltrand. Bald verschwindet die Sonne und es wird schnell sehr kalt. Leider streikt gerade heute der Kocher und wir m\u00fcssen ohne warmes S\u00fcppchen ins Bett. Im windgesch\u00fctzten Zelt ist es urgem\u00fctlich, wir kuscheln uns in den Doppelschlafsack und schlafen ohne zu frieren durch. Von irgendwelchen Symptomen der H\u00f6henkrankheit bleiben wir beide verschont.
\nDer Morgen ist wieder sehr still. Kein Wind, kein Vogel. Nur eine Herde Schafe mit Sch\u00e4fer zieht \u00fcber die H\u00fcgel weit oben am Weg. Die Sonne f\u00e4ngt schnell an zu w\u00e4rmen. Wir waschen uns kurz am eisigen See. Nachdem Micha den Kocher gereinigt hat, haben wir endlich wieder hei\u00dfes Wasser f\u00fcr Kaffee, Suppe und Haare waschen. Beim Spaziergang am steinigen Seeufer entlang entdecken wir hinter den H\u00fcgeln zu unserer Freude noch Menschenleben. Da steht eine Jurte. Wir besuchen unsere Nachbarn \u2013 eine Mutter mit Tochter \u2013 auf einen Tshir-Tschai. Als es Abend wird und der Vollmond so viel Licht abwirft, dass man den Weg problemlos erkennt, versuchen wir noch, die hei\u00dfe Quelle zu finden, die sich hier irgendwo in den H\u00fcgeln verstecken soll. Unsere Nachbarn meinten, wir sollen die Quelle erst nach Sonnenuntergang besuchen. Irgendwann ist es aber zu gruselig und wir kehren in unser Zelt zur\u00fcck, machen noch ein kleines Feuerchen vorm Schlafengehen. Am n\u00e4chsten Morgen erkennen wir von Weiten ein M\u00e4dchen im roten Kleid in unsere Richtung laufen \u2013 unsere Nachbarin m\u00f6chte einen Blick in die deutsche Jurte werfen bevor wir wieder zusammenpacken und verschwinden.<\/p>\n
Der Pamir Highway ab Yashil-Kul bis Murghab ist durchg\u00e4ngig asphaltiert und au\u00dfer ein paar heftigen Bodenwellen ganz gut befahrbar. Kurz vorm n\u00e4chsten Viertausenderpass muss der Luftfilter von Michas MZ noch vom Schotterstaub am Yashil-Kul befreit und die Z\u00fcndung nachgestellt werden. Erst danach l\u00e4uft seine Emme wieder rund. Den Nayzatash-Pass (4314m) \u00fcberfahren wir fast ohne es zu bemerken, denn der Anstieg auf diesem Abschnitt des Pamir Highways ist sanft. Wir fahren einsam und meistens im k\u00fchlen Schatten der Berge und fangen an, zu bibbern.
\nNach einem Kontrollpunkt vor Murghab rollen wir bei D\u00e4mmerung in die kleine Stadt ein. Es ist ungem\u00fctlich windig und farblos. Murghab besteht aus einer gro\u00dfen Stra\u00dfe, um die sich einfache, sandfarbene Lehmh\u00e4user streuen. Viele uralte \u00dcberlandstrommasten sind kreuz und quer verteilt und versorgen die tadschikischen und kirgisischen Familien, die hier dicht nebeneinander leben, stundenweise mit Strom.
\nTatik, der zwanzig Liter Benzin f\u00fcr uns deponiert hat, holt uns am Ende der Stadt mit seinem alten Russenmilit\u00e4rjeep ab. Als wir bei ihm zuhause ankommen, bietet er uns freundlich an, dort zu \u00fcbernachten und richtet uns im Wohnzimmer warmes Abendessen und ein gem\u00fctliches Bett her. Vorm Schlafengehen wird in der winzigen Waschkammer auf dem kleinen Hof extra noch der Wasserkessel angeheizt. So k\u00f6nnen wir uns bei sauna\u00e4hnlicher Temperatur und im Schein der Taschenlampe mit hei\u00dfem Wasser und Sch\u00f6pfkelle genussvoll waschen. Tatik`s Familie lebt mit drei Generationen auf dem kleinen Hof. Er hat vier Kinder und ist mit 42 Jahren bereits pensioniert. Davor hat er als Ingenieur bei der russischen Armee gearbeitet. Geld verdient er sich heutzutage durch das Chauffieren von Pamir-Touristen in seinem Jeep. Tourismus ist in der Region fast die einzige \u00fcbrig gebliebene Einnahmequelle f\u00fcr die Menschen.
\nNach leckerem Brot, Spiegelei und Tee zum Fr\u00fchst\u00fcck tankt Micha beide MZ, besorgen wir noch etwas Wasser und Essen auf dem Container-Basar, gehen das letzte Mal zur Registrierungsstelle und verabschieden uns bei der s\u00fc\u00dfen Familie Kalendarchonow mit kleinen Geschenken f\u00fcr die Kids und ihre Eltern.<\/p>\n
Vierzig Kilometer Wellblechpiste von Murghab entfernt, liegt Eli Su \u2013 ein Drei-Jurten-Camp an der mehr als sechzig Grad hei\u00dfen Bergquelle. Die letzten Kilometer bergauf sind ziemlich lose und steinig. Als wir endlich heil oben ankommen, stellen wir im Gras neben dem Kalb unser Zelt auf. Tschokojew, der alte Mann aus der Jurte, guckt gespannt dabei zu und staunt \u00fcber unsere Jurtenkonstruktion. Danach f\u00fchrt er uns zum kleinen Lehmh\u00e4uschen, in dem sich die beiden Steinbecken mit Quellwasser f\u00fcllen. Leider m\u00fcssen wir noch bis zum Abend mit dem ersehnten Bad warten, da die Frau mit dem Schl\u00fcssel irgendwo in der Gegend unterwegs ist.
\nNach dem Abendessen \u2013 wie so oft eine Variation aus Kartoffeln, Zwiebeln, Ei und Knoblauch mit einer deutschen Tomatent\u00fctensuppe als Vorspeise \u2013 kommt endlich die alte Frau mit dem Schl\u00fcssel, die sich leider sofort als unfreundliche und dollargierige Hexe entpuppt. Sie l\u00e4sst uns im Halbdunkeln noch ein St\u00fcndchen ins Quellh\u00e4uschen. Leider ist das Wasser so hei\u00df, dass wir uns nur vorsichtig vom Rand aus mit der Sch\u00f6pfkelle abduschen k\u00f6nnen. Wir schlafen danach immerhin durchgew\u00e4rmt und gut in unserer Jurte ein. Morgens bringt uns der Alte frische Kuhmilch f\u00fcr unser selbst gemischtes M\u00fcsli ans Zelt und verabschiedet uns sp\u00e4ter herzlich.<\/p>\n
Die k\u00fchle Fahrt auf dem Pamirplateau geht weiter, jetzt Richtung Norden. Letzte Station vor der kirgisischen Grenze ist Kara-Kul, ein kleiner Ort am gleichnamigen h\u00f6chsten See Zentralasiens (3.915m). Auf dem Weg dorthin steht die h\u00f6chste Herausforderung unserer Pamirreise an: der Akbaital-Pass mit 4.655 Metern. Die Fahrt bis zum Pass ist gruselig. Es ist \u00fcberwiegend schattig, eint\u00f6nig-lehmfarbige Berge, ausgetrocknete Flussbetten und rechts die chinesische Stacheldrahtgrenze in Sichtweite. Ab viertausend Metern wird die Luft knapp f\u00fcr die Emmen, die Motoren laufen z\u00e4h. Die letzten steinig-rumpeligen H\u00f6henmeter des Passanstiegs qu\u00e4len wir uns im ersten Gang bis zum windigen Gipfel. Auf der ganzen Strecke hierher kamen uns nur drei alte Russenjeeps entgegen. Oben angekommen sind wir stolz auf die Packesel und freuen uns wie Kinder. Micha k\u00fcsst beide MZ.
\nDie Talfahrt zum Kara-Kul ist angenehmer. Wir sind sehr erleichtert und die w\u00e4rmende Sonne scheint auf die Piste. Bald erreichen wir den schon von Weiten blau leuchtenden Salzsee und schlagen in der abendlichen K\u00e4lte unser Nachtlager auf. Die Umgebung am Kara-Kul ist atemberaubend. Bei Sonnenuntergang wirkt die Landschaft fast surreal: der blaue See, die gelbgro\u00dfe Wiese und die schneebedeckte Bergkette dahinter. Wir kommen nicht nur beim Anblick dessen, sondern auch beim Jurtenaufbau schnell au\u00dfer Atem, denn die Luft ist d\u00fcnn und au\u00dferdem extrem trocken. Die Nase schwillt zu und brennt. Die H\u00e4nde und Fingerspitzen sind faltig und rauh, die Lippen rissig.
\nAls wir fast schon im Schlafsack liegen, kommt ein M\u00e4dchen aus dem Dorf mit einer Schale hei\u00dfer Suppe zu uns ans Zelt. Wir sind total ger\u00fchrt von der Geste. Nach einer frostigen Nacht mit Eselsrufen besucht sie uns am sonnigen Morgen ein zweites Mal mit einem Blechkessel dampfendem Tschir-Tschai, frischem Brot und ein paar neugierigen Kindern im Schlepptau. Aufgew\u00e4rmt vom Tee und der Sonne machen wir ein paar Fotos mit den Kids und packen danach unsere Sachen zusammen. Bis wir alles verstaut haben und die Motorr\u00e4der ankicken k\u00f6nnen, vergehen wie immer etwa zwei Stunden. Danach geht\u2019s auf nach Kirgistan.<\/p>\n
Der tadschikische Grenzposten liegt sechzig Kilometer entfernt oben auf einem Pass. Als wir dort ankommen, bl\u00e4st der Wind und es ist wieder saukalt. Verlassen stehen wir hier vor drei, vier alten kleinen Buden \u2013 eine mit einem eisernen Kohleofen beheizt. Wir werden hineingerufen. Drinnen sitzt an einem kleinen Holztisch einer der m\u00fcden Grenzm\u00e4nner in Tarnuniform und schreibt gelangweilt unsere Passdaten ins Listenbuch. Hinter ihm h\u00e4ngt ein abgewetzter Vorhang und dahinter wiederum wartet sein Kollege vom Zoll in einem der zwei klapprigen Doppelstockbetten auf Grenz\u00fcberg\u00e4nger wie uns. Alle anderen Kollegen sind gerade dabei, Holz f\u00fcr den Ofen zu hacken. Dieser Grenz\u00fcbergang war unkompliziert, doch der kirgisische Posten zwanzig Rumpelpistenkilometer weiter im Tal stellt einen neuen Rekord auf: Zehn Minuten \u2013 und wir k\u00f6nnen nach einem schnellen Stempel im Visum ohne sonstige Checks oder Papiere ins Land eind\u00fcsen. Der motorrad-agressive Zollhund sorgt f\u00fcr unsere blitzschnelle Flucht durch die Schranke. Bald haben wir einen sagenhaften und entspannten Blick auf den Pik Lenin, dessen Spitze 7.134 Meter in den Himmel ragt.<\/p>\n
Reise-Abenteuer: Von der Haust\u00fcr zum Himalaja und zur\u00fcck Drei-Tages-Tripp von Dushanbe nach Khorog N\u00e4chstes Ziel nach Dushanbe ist Khorog, denn dort beginnt unsere Fahrt durchs Pamirplateau. Es gibt zwei alternative Strecken dorthin. Die l\u00e4ngere S\u00fcdroute \u00fcber Kulyab und danach an der afghanischen Grenze entlang soll ruhiger, abwechslungsreicher und besser befahrbar sein. Wir nehmen also Kurs auf S\u00fcden. Die asphaltierte Stra\u00dfe bis Kulyab f\u00fchrt…<\/p>\n","protected":false},"author":2,"featured_media":1343,"parent":0,"menu_order":0,"comment_status":"open","ping_status":"open","template":"","meta":{"ngg_post_thumbnail":0,"_links_to":"","_links_to_target":""},"tags":[239,382],"_links":{"self":[{"href":"https:\/\/www.emmenreiter.de\/wp-json\/wp\/v2\/pages\/1575"}],"collection":[{"href":"https:\/\/www.emmenreiter.de\/wp-json\/wp\/v2\/pages"}],"about":[{"href":"https:\/\/www.emmenreiter.de\/wp-json\/wp\/v2\/types\/page"}],"author":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/www.emmenreiter.de\/wp-json\/wp\/v2\/users\/2"}],"replies":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/www.emmenreiter.de\/wp-json\/wp\/v2\/comments?post=1575"}],"version-history":[{"count":0,"href":"https:\/\/www.emmenreiter.de\/wp-json\/wp\/v2\/pages\/1575\/revisions"}],"wp:featuredmedia":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/www.emmenreiter.de\/wp-json\/wp\/v2\/media\/1343"}],"wp:attachment":[{"href":"https:\/\/www.emmenreiter.de\/wp-json\/wp\/v2\/media?parent=1575"}],"wp:term":[{"taxonomy":"post_tag","embeddable":true,"href":"https:\/\/www.emmenreiter.de\/wp-json\/wp\/v2\/tags?post=1575"}],"curies":[{"name":"wp","href":"https:\/\/api.w.org\/{rel}","templated":true}]}}
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