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Barbusa-Pass: Hier h\u00f6rt der Spa\u00df auf<\/h3>\n
Wir probieren es und biegen in Chilas nach links auf die Passtra\u00dfe ab. Ab hier geht es auf breiter und gr\u00f6\u00dftenteils neu asphaltierter Stra\u00dfe 42 Kilometer nach oben. F\u00fcnfzehn Kilometer vor der Passspitze endet die Stra\u00dfe in einem schmalen, steilen Sandweg, der von kleinen Br\u00fccken und Flussl\u00e4ufen unterbrochen wird. Die wackelige Durchfahrt durch das einen halben Meter tiefe Wasser ist gerade \u00fcberstanden, da wird die Steigung auf einmal so stark, dass Micha mit seiner MZ h\u00e4ngen bleibt. Wir m\u00fcssen ein kurzes St\u00fcck schieben. Oben auf dem H\u00fcgel stellt Micha bei beiden MZ erstmal die Kupplungen unter Beobachtung der skeptischen Pakistaner nach. Wenn der Weg nicht besser wird, m\u00fcssen wir umkehren.
\nHinter uns qu\u00e4lt sich gerade ein Toyota-Kleinbus mit drei Pakistanern dieselbe Steigung hinauf und bleibt stecken. Wir stellen uns zu viert hinten auf die Sto\u00dfstange, damit die R\u00e4der nicht durchdrehen, und bringen den Toyota gemeinsam nach oben. Die drei Pakistaner aus Chilas sagen uns, dass es bis zur Passspitze noch ein paar schwierige Stellen gibt. Sie wollen uns bis nach oben begleiten. Der Weg wird gerade von Kettenbaggern aufgerissen und ist faktisch nicht mehr vorhanden. Wir w\u00fchlen uns mit der MZ noch ein paar Meter durchs grobe Gel\u00e4nde bis wir merken, dass es keinen Sinn mehr hat. Auf \u00fcber dreitausend Metern haben die Mopeds nur noch halb soviel Power und es ist f\u00fcr alle eine Qu\u00e4lerei. Hier h\u00f6rt der Spa\u00df auf.
\nDie drei Pakistaner im Toyota geben uns zu verstehen, dass es besser sei, weiter zu fahren. Sie k\u00f6nnten uns das schwere Gep\u00e4ck bis nach oben abnehmen. So sei es zu schaffen. Wir sind ein bisschen unsicher, ob wir unser ganzes Hab und Gut in den fremden Wagen packen sollen. Es ist eine eigenartigeSituation, aber wir entscheiden gemeinsam, zu vertrauen und laden alles um. Schritt f\u00fcr Schritt und nacheinander schieben und fahren wir jetzt die entladenen Moppeds \u00fcber die lose Erde. Micha erinnert sich an Tipps aus dem letzten Endurokurs und nimmt mir an manchen Stellen die MZ ab. Der Toyota k\u00e4mpft sich mit uns auf der Sto\u00dfstange tats\u00e4chlich hinterher. Auf den letzten Passkurven haben wir zum Gl\u00fcck wieder festen Boden unter den R\u00e4dern und wir kommen doch noch am Barbusa-Pass an. Es ist kalt und teilweise liegt Schnee. Wir wiederbeladen unsere m\u00fcden Packesel und verabschieden uns von den drei Pakistanern, die nun komischerweise den ganzen Horrorweg ins Tal zur\u00fcckkehren.
\nBevor es dunkel wird, wollen wir noch so weit wie m\u00f6glich abw\u00e4rts ins Tal fahren. Leider kommen wir auf dem rauen Jeepweg nicht schnell voran. Mit nachlassenden Kr\u00e4ften \u00fcberfahren wir noch ein paar abenteuerliche Hilfsbr\u00fccken und schlagen in der D\u00e4mmerung in einer menschenleeren, felsigen Gegend unser Lager auf. Es gab schon bessere Stellen zum \u00dcbernachten, aber zum Gl\u00fcck sind wir m\u00fcde genug f\u00fcr einen guten Schlaf. Im Morgengrauen krabbeln wir aus dem vereisten Zelt und steigen widerwillig in die k\u00e4ltesteifen Motorradklamotten. Nach ein paar Keksen zum Fr\u00fchst\u00fcck packen wir alles ein und fahren etwa f\u00fcnfzig Kilometer nach Naran weiter.<\/p>\n
Von Naran nach Rawalpindi: Abfahrt in den Moloch<\/h3>\n
Nach einer Stunde Jeeptrack am fr\u00fchen Morgen kommt endlich die ersehnte Asphaltstra\u00dfe, die uns nach Naran bringt. Die Saison im popul\u00e4ren Hoteldorf ist bereits vorbei. Keine G\u00e4ste mehr aus Islamabad, die hier im Sommer nach einer frischen Brise und gr\u00fcner Natur suchen. Die Erdgeschosse der meisten Hotels sind mit alten Brettern provisorisch verbarrikadiert. Wir finden am Ende des Dorfes noch ein kleines Gasthaus, dass ge\u00f6ffnet ist und wo wir bis zum n\u00e4chsten Tag in einem Zimmer ohne Tageslicht bleiben k\u00f6nnen. Die kleine Stra\u00dfenk\u00fcche in der Dorfmitte bereitet uns, den zurzeit einzigen hierher verirrten Fremden, mit einem freundlichen L\u00e4cheln warmes Essen zu: Dhal (Linsencurry), Chili-Omelett und Fladenbrot. Zum Dessert gibt es nat\u00fcrlich den s\u00fc\u00dfen Milchtee.
\nAuf dem 80-Kilometer-Abschnitt von Naran bis zur Stadt Balakot, die 2005 dem Erdboden komplett gleich gemacht wurde, ist die kurvige Stra\u00dfe alle ein paar hundert Meter vom Berg versch\u00fcttet und nur grob frei geschoben. Eine Baustellendurchfahrt ohne Ende. Ab Balakot geht es dann endlich wieder auf guter Stra\u00dfe zur\u00fcck auf den letzten Teil des Karakorum-Highways. Hier fahren wir in Mansehra ein und ab dort beginnt die H\u00f6lle: zu viele Autos, LKWs und kleine Motorr\u00e4der; zu viele verr\u00fcckte und r\u00fccksichtslose Fahrer. Unser Tagesziel Rawalpindi ist ab hier noch 130 Kilometer entfernt, aber der Smog und L\u00e4rm ist schon jetzt pr\u00e4sent. Wir verabschieden uns gedanklich und endg\u00fcltig vom ruhigen, sauberen Norden und konzentrieren uns auf den Verkehr. Mit der Adresse von Saeeds B\u00fcro in der Tasche fahren wir immer sch\u00f6n dicht hintereinander auf einer dreispurigen, \u00fcberf\u00fcllten Stra\u00dfe in den Moloch Rawalpindi ein. Wir beide haben denselben Gedanken: Schrecklich. Micha versucht, an mir dran zu bleiben. Keine leichte Aufgabe in dem Chaos. Nach neun Stunden auf dem Sitz der MZ kommen wir erl\u00f6st an der Adresse an und k\u00f6nnen endlich absteigen.<\/p>\n
Zur Entspannung ein Privatkonzert<\/h3>\n
Saeed nimmt uns beide noch am selben Abend zur Entspannung zu einer interessanten Herrenrunde in eine alte, gem\u00fctliche Villa um die Ecke mit. Dort sitzen seine Freunde in lockerer Atmosph\u00e4re auf dem orientalischen Teppichboden des Wohnzimmers bei Gin und Bier. Anscheinend sind sie keine traditionellen Muslime, allerdings elit\u00e4re Pakistaner: ein Philosoph und Dichter, ein Maler, ein Tenniscoach, ein ehemaliger Pr\u00e4sidentensohn\u2026 Sie genie\u00dfen heute Abend ein kleines Privatkonzert von zwei pakistanischen Weltklassemusikern. Die klaren, sanften Kl\u00e4nge der Violine und der tiefe Klang der Trommeln sind unbeschreiblich. Die Musiker widmen uns eine pakistanische Version von Mozart und danach verabschieden wir uns ins Bett. Ein guter Abschluss nach einem anstrengenden Tag.
\nIn Rawalpindi gibt es au\u00dfer orientalisch-pakistanischem Stadtleben nichts weiter zu entdecken. Micha widmet sich am n\u00e4chsten Vormittag den beiden MZ und nimmt ein paar wohlverdiente Pflegema\u00dfnahmen an ihnen vor. Am Abend laden wir Saeed, seinen Sohn Adam und seine Tochter Mariam zum Dinner ein. Wir fahren im Jeep zum Aussichtsrestaurant auf den Margalla H\u00fcgel (1.000 m) in Islamabad, von wo aus wir einen gro\u00dfartigen Blick auf das n\u00e4chtliche Lichtermeer der gro\u00dffl\u00e4chig angelegten Hauptstadt haben. Das Essen dort ist das beste, das wir seit langem hatten. Ein sch\u00f6ner und lustiger Abschiedsabend, bevor wir nach Lahore weiterziehen.<\/p>\n
Lahore: Kulturhauptstadt und Neun-Millionen-Metropole<\/h3>\n
Wir fahren am 31. Oktober in Rawalpindi auf die Grand Trunk Road gen Lahore \u2013 eine 270 Kilometer lange autobahn\u00e4hnliche Stra\u00dfe. Es f\u00e4hrt sich \u00fcberraschend gut und wir haben den Stadtrand der Neun-Millionen-Metropole Lahore nach vier Stunden erreicht. Es sind etwa drei\u00dfig Grad Celsius. Zu warm f\u00fcr unsere Motorradklamotten. Tausende stinkende Moped-Rikschas begr\u00fc\u00dfen uns mit ihrem scheppernden Zweitaktgeknatter. Es geht zu wie auf einem Ameisenhaufen, nur dass man sein eigenes Wort nicht mehr versteht, als wir kurz anhalten, um nach dem Weg zu fragen. Der hilfsbereite Pakistaner \u2013 schnell umringt von f\u00fcnfundzwanzig anderen hilfsbereiten Pakistanern \u2013 schreit uns dreimal denselben Satz ins Ohr: Immer gerade aus und dann noch mal fragen! Wir brauchen uns keine Sorgen machen, Lahore ist eine gute Stadt. Wir k\u00f6nnen es kaum glauben, aber der Stra\u00dfenverkehr in Rawalpindi war noch nichts gegen das, was wir gerade durchfahren. Nach ein paar hektischen Stra\u00dfenkreuzungen in der versmogten City kommen wir ausgelaugt, aber lebend am kleinen, abgefuckten Hotel in der Gasse nahe dem Regale Platz an. Es sieht nicht sehr einladend aus, soll aber ein guter Platz f\u00fcr Reisende sein. Die Motorr\u00e4der m\u00fcssen neben den vielen anderen Zweir\u00e4dern vor dem Schneiderladen auf der dreckigen Stra\u00dfe bleiben. Wir schleppen m\u00fcde unser Gep\u00e4ck die schmale, steile Treppe hinauf in unser zusammengeschustertes Zimmerchen. Auf der kleinen Dachterrasse, auf der es eine Minik\u00fcche und die Toilette-Dusche-Kammer gibt, ist es ganz gem\u00fctlich. Eine Sitzecke mit aktueller Tageszeitung und Satelliten-TV, auf dem abends englischsprachige Filme laufen. Obwohl an diesem Abend auf der Terrasse Musiker aus Lahore ein Konzert geben, schlafen wir in unserem Zimmer direkt daneben wie gel\u00e4hmt in einen narkoseartigen Schlaf. Wir m\u00fcssen uns erst langsam an den neuen Lebensstil, der Indien sehr nahe kommt, gew\u00f6hnen.
\nNach einer kalten Dusche und einem warmen Fr\u00fchst\u00fcck auf der Dachterasse trauen wir uns kurz auf die Stra\u00dfe. Wir bringen unsere schmuddelige W\u00e4sche zum Reinigungsservice. Immer wieder rufen uns die M\u00e4nner \u201eHello, how are you?\u201d zu, ein paar Kinder sch\u00fctteln uns sch\u00fcchtern die Hand. Die Pakistaner sind sehr stolz, wenn wir ihnen versichern, dass wir uns in ihrem Land sehr wohl f\u00fchlen. Sie honorieren, dass Ausl\u00e4nder trotz schlechter Nachrichten in den weltweiten Medien nach Pakistan kommen und sich ein eigenes Bild insbesondere von den Menschen hier machen. Manchmal ist es anstrengend f\u00fcr uns, sich immer wieder Zeit f\u00fcr die Leute auf der Stra\u00dfe zu nehmen, aber ihre gro\u00dfe Dankbarkeit f\u00fcr ein kurzes Gespr\u00e4ch ist es wert.
\nAuf dem R\u00fcckweg g\u00f6nnen wir uns im besten Eisladen der Stadt einen Bananenmilchshake und Schokoeis. Das hatten wir schon ewig nicht mehr. Und wir haben es auch gut vertragen. In dem Supermarkt nahe dem Hotel finden wir au\u00dferdem Lindt-Schokolade, Cornflakes und President-K\u00e4se. Eine nette Abwechslung zum einheimischen Essen auf der Stra\u00dfe, das uns allerdings ganz gut schmeckt und unschlagbar billig ist. Am Sonntag, als die meisten L\u00e4den \u00fcberraschenderweise geschlossen haben und der Verkehr tats\u00e4chlich weniger ist, setzen wir uns in die Moped-Rikscha und lassen uns im Zick-Zack-Kurs in die Altstadt chauffieren. Dort genie\u00dfen wir die Ruhe in der Badshahi-Moschee \u2013 die zweitgr\u00f6\u00dfte Moschee Pakistans und eine der gr\u00f6\u00dften Moscheen der Welt \u2013 bevor wir die engen und maroden Gassen der Altstadt durchstreifen. Unglaublich, wie die Menschen hier leben. Die H\u00e4user sind teilweise \u00fcber ein paar hundert Jahre alt und durchweg heruntergekommen. Die Stromkabel des Viertels h\u00e4ngen kreuz und quer und verknotet wie ein zigmal geflicktes Spinnennetz zwischen den H\u00e4usern. Langbeinige Ziegen mit Riesenschlappohren warten neben dem Fleischladen auf ihren Tod. M\u00e4nner fahren ihre in bunte Schleier geh\u00fcllten Frauen, die in aller Gelassenheit seitlich hinten auf dem Moped sitzen, mit Tempo durchs Gew\u00fchl. Wir fl\u00fcchten auf den Turm der bunten Badjai-Moschee und sehen \u00fcber die D\u00e4cher der Altstadt. Der Smog schwebt zwischen Stadt und Himmel und f\u00e4rbt sich orange in der Abendsonne.
\nDie Stadt kostet uns viel Energie. Wir ziehen uns immer wieder zur Pause auf die Dachterrasse des Hotels zur\u00fcck. Wir surfen im kabellosen und unglaublich schnellen Internet \u2013 eine Wohltat nach so vielen geduldigen Besuchen in den bisherigen Internetbuden. Nach Sonnenuntergang ist es Zeit f\u00fcrs Abendessen: Kartoffel-Spinat-Curry mit Fladenbrot, frisch serviert aus dem stickigen, quirligen Stra\u00dfenrestaurant. Wenn die Faulheit nicht siegt, steigen wir morgen auf die Motorr\u00e4der und fahren die drei\u00dfig Kilometer nach Wagah an die indische Grenze. Oder wir bleiben doch noch bis zum n\u00e4chsten Donnerstag in der Stadt, denn donnerstags verwandelt sich das Kulturzentrum Lahore in eine wahnsinnige Konzertstadt. Mal sehen, wir haben ja noch alle Zeit der Welt\u2026<\/p>\n
Reise-Abenteuer: Von der Haust\u00fcr zum Himalaja und zur\u00fcck
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\n< zur\u00fcck zur Karte<\/a><\/strong><\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"Kaghan-Tal: Eine sichere Abk\u00fcrzung nach Rawalpindi 4.175 Meter. Eine Fahrt \u00fcber den Barbusa-Pass m\u00fcssten unsere MZ locker schaffen. Wenn wir auf unserem Weg nach Rawalpindi den eher unfreundlichen Karakorum-Highway-Abschnitt ab Chilas durch Indus Kohistan vermeiden m\u00f6chten, dann bleibt nur die Abk\u00fcrzung \u00fcber den viertausender Pass und das Kaghan-Tal. Die Einwohner von Indus Kohistan m\u00f6gen n\u00e4mlich…<\/p>\n","protected":false},"author":2,"featured_media":6866,"parent":0,"menu_order":0,"comment_status":"open","ping_status":"open","template":"","meta":{"ngg_post_thumbnail":0,"_links_to":"","_links_to_target":""},"tags":[366],"_links":{"self":[{"href":"https:\/\/www.emmenreiter.de\/wp-json\/wp\/v2\/pages\/1673"}],"collection":[{"href":"https:\/\/www.emmenreiter.de\/wp-json\/wp\/v2\/pages"}],"about":[{"href":"https:\/\/www.emmenreiter.de\/wp-json\/wp\/v2\/types\/page"}],"author":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/www.emmenreiter.de\/wp-json\/wp\/v2\/users\/2"}],"replies":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/www.emmenreiter.de\/wp-json\/wp\/v2\/comments?post=1673"}],"version-history":[{"count":0,"href":"https:\/\/www.emmenreiter.de\/wp-json\/wp\/v2\/pages\/1673\/revisions"}],"wp:featuredmedia":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/www.emmenreiter.de\/wp-json\/wp\/v2\/media\/6866"}],"wp:attachment":[{"href":"https:\/\/www.emmenreiter.de\/wp-json\/wp\/v2\/media?parent=1673"}],"wp:term":[{"taxonomy":"post_tag","embeddable":true,"href":"https:\/\/www.emmenreiter.de\/wp-json\/wp\/v2\/tags?post=1673"}],"curies":[{"name":"wp","href":"https:\/\/api.w.org\/{rel}","templated":true}]}}