{"id":2626,"date":"2009-04-04T17:28:08","date_gmt":"2009-04-04T15:28:08","guid":{"rendered":"http:\/\/www.emmenreiter.de\/?page_id=2626"},"modified":"2016-12-16T10:35:01","modified_gmt":"2016-12-16T08:35:01","slug":"nepal-terai-kathmandu","status":"publish","type":"page","link":"https:\/\/www.emmenreiter.de\/nepal-terai-kathmandu\/","title":{"rendered":"Nepal: Durchs Terai nach Kathmandu"},"content":{"rendered":"

\"Sadhus<\/p>\n

Offene Schranken in Karkabitta?<\/h3>\n

15. M\u00e4rz, acht Uhr morgens. Trotz \u00f6ffentlicher Streiks in Nepal rollen wir von Darjeeling aus bergrunter an die Grenze zum kleinen Nachbarland mit den gro\u00dfen Bergen. Die warmen Klamotten kommen, zur\u00fcck auf Meeresspiegelniveau, wieder in die Alukoffer. Schwei\u00dfr\u00e4nder auf dem T-Shirt sind angesagt. Das Abenteuer Indien wollen wir heute nach vier unvergesslichen Monaten hinter uns lassen und mit neuen Erwartungen ins Land des Mount Everests weiterreisen. Ob wir als Touristen trotz Streikblockaden problemlos in Nepal einfahren d\u00fcrfen, wissen wir nicht. Die Ausk\u00fcnfte der Reiseagenturen vor Ort waren leider gegens\u00e4tzlich. Wir sind zuversichtlich und wagen den Versuch. F\u00fcr den Fall, dass wir im bestreikten Terai auf leere oder versperrte Zapfs\u00e4ulen sto\u00dfen, machen wir auf indischer Seite noch die Tanks voll und f\u00fcllen zehn Liter Reserve in den Benzinkanister. Den indischen Grenzposten haben wir z\u00fcgig erledigt: In der alten Baracke neben dem provisorischen Fallbaum stempelt der Beamte unsere P\u00e4sse und die netten Herren im staubigen Zollgeb\u00e4ude gegen\u00fcber die Carnet de Passages korrekt ab. Micha beantwortet ihnen solange die \u00fcblichen Fragen \u2013 woher wir kommen, wohin wir wollen, wozu wir die gro\u00dfen Alukoffer brauchen und wie teuer und schnell die Motorr\u00e4der sind. Im Gegenzug teilt man uns freudig mit: \u201eIhr habt Gl\u00fcck, in Nepal ist der Streik seit heute beendet! Die Schranken sind offen.\u201d Dankbar \u00fcber das schicksalhaft gute Timing nehmen wir Abschied von den Indern und fahren f\u00fcnfhundert Meter auf einer Br\u00fccke \u00fcbers ausged\u00f6rrte Flussbett auf die nepalesische Seite nach Karkabitta. Im Grenzgebiet herrscht ein un\u00fcberschaubares Durcheinander \u2013 wie auf einem Basar. Nepalesen wie Inder, die jeweils ohne Visa in beide L\u00e4nder einreisen d\u00fcrfen, lassen sich und ihre vollgestopften Plastikbeutel und abgenutzten Sporttaschen von Fahrradrikschas von einer Seite auf die andere kutschieren. Dazwischen hektische Jeeps, Laster und Busse. Die Bambusrohr-Grenzschranke im Grenzdorf Karkabitta erkennen wir kaum \u2013 ein Beamter zieht sie am Tau mal hoch und runter, als versuche er, den Verkehr damit zu regeln. Trotzdem kann er nicht verhindern, dass ein rasanter Minibusfahrer eine Fahrradrikscha streift und ihren Fahrgast vor unseren Augen auf die Stra\u00dfe schleudert.
\nIn den dunklen, muffigen Geb\u00e4uden des ostnepalesischen Immigrations- und Zollamtes bringen wir auch hier, diesmal bei einer Begr\u00fc\u00dfungstasse Tee, den Papierkram schnell hinter uns. Auf eine Durchsuchung unserer rund sechzig Kilogramm Gep\u00e4ck pro Emme \u2013 egal ob auf indischer oder nepalesischer Seite \u2013 hatte wieder mal kein Beamter Lust. Unkompliziert und f\u00fcr vierzig Dollar plus 200 Rupien pro Person klebt man uns die Nepalvisa in die P\u00e4sse. Wir sind zufrieden! Der Ankunft im Terai steht nichts mehr im Wege\u2026<\/p>\n

Neues Land, gemischte Gef\u00fchle<\/h3>\n

Bevor wir in die einsame, beeindruckende Bergwelt Nepals eintauchen k\u00f6nnen, liegen noch ein paar hundert Kilometer Motorradfahrt durchs Terai \u2013 dem s\u00fcdlichen und recht dicht besiedelten Tiefland \u2013 vor uns. Auf der einzigen Landstra\u00dfe gen Westen m\u00fcssen wir ab und zu gef\u00e4llten B\u00e4umen, Sands\u00e4cken und Felssteinen auf dem Asphalt ausweichen \u2013 \u00dcberreste der Stra\u00dfenblockaden vom Streik. In diesem Teil Nepals ist landschaftlich und bei den Menschen kein wesentlicher Unterschied zu Indien erkennbar. Allerdings sehen die Behausungen in den Siedlungen, oft Stroh- und Lehmh\u00fctten und zum Teil auf Stelzen gebaut, noch einfacher und viele Kinder verwahrlost aus. Die nepalesischen LKW sto\u00dfen eine unschlagbar dreckige Abgaswolke aus und dieseln damit die ganze Umgebung ein.
\nWir wollen die erste Nacht in Dharan verbringen, etwa 120 Kilometer von der Grenze entfernt. Weiter n\u00f6rdlich der Stadt hatten die einst rebellischen Maoisten ihre Basis. Das nepalesische Volk hat sie bei der Wahl vor einem Jahr an die Macht gebracht, in der Hoffnung auf eine bessere Entwicklung ihres Landes. Auf der Fahrt nach Dharan ist Micha nach ein paar knappen \u00dcberholman\u00f6vern aus meinem R\u00fcckspiegel verschwunden. In solchen Momenten bleibt einem manchmal kurz das Herz stehen. Ich lenke mit weichen Knien und der Hoffnung, dass es nicht gekracht hat, um und fahre zur\u00fcck. Ein paar hundert Meter weiter hinten sieht sie Micha am Stra\u00dfenrand stehen. Seine Emme ging aus, weil sich ein Kabel vom Sicherungskasten gel\u00f6st hat. Dem Herzklopfen folgt die Erleichterung und in ein paar Minuten sind wir beide wieder auf der Stra\u00dfe und wenig sp\u00e4ter vor einem ungem\u00fctlichen Hotel in der eher uncharmanten Kleinstadt Dharan.
\nAls wir mit m\u00fcden Gliedern im harten Bett liegen, machen sich gemischte Gef\u00fchle breit. Wir sind froh, in Nepal zu sein. Vom ersten Eindruck bei der Ankunft von Osten aus sind wir allerdings irgendwie entt\u00e4uscht. Wir haben die Menschen und Kultur in den Bergen vor Augen, die Nepal f\u00fcr uns so reizvoll machen\u2026Darauf freuen wir uns. \n\n\n \t\t\n\t\t\t\t