{"id":2663,"date":"2009-04-19T19:29:56","date_gmt":"2009-04-19T17:29:56","guid":{"rendered":"http:\/\/www.emmenreiter.de\/?page_id=2663"},"modified":"2016-12-16T10:35:34","modified_gmt":"2016-12-16T08:35:34","slug":"nepal-westliches-terai-2009","status":"publish","type":"page","link":"https:\/\/www.emmenreiter.de\/nepal-westliches-terai-2009\/","title":{"rendered":"Nepal: Steine auf der Stra\u00dfe im westlichen Terai"},"content":{"rendered":"
<\/p>\n
9. April 2009 in Kathmandu. Um 11 Uhr m\u00fcssen wir in der Pakistanischen Botschaft im Norden der Hauptstadt die P\u00e4sse mit den Visa entgegen nehmen. Bevor wir losknattern, laden wir alle Sachen auf die Mopeds, denn von der Botschaft aus soll es gleich weiter nach Pokhara gehen. Namast\u00e9, Kathmandu!
\nMit den Pakistanvisa im Tankrucksack und zweimal 36 US Dollar leichter tanken wir noch die Emmen randvoll und reihen uns in den Verkehr auf die Ring-Road ein. Die Stra\u00dfe umkreist ganz Kathmandu in einem gro\u00dfen Bogen und im S\u00fcdwesten angekommen, biegen wir auf die Landstra\u00dfe nach Pokhara ab. Das St\u00fcck auf dem Ring kostet bereits anderthalb Stunden. Schuld sind volle Kreuzungen, chaotische Bushaltepl\u00e4tze auf der Stra\u00dfe und lahmarschige Lastwagenschlangen, die sich nicht so einfach \u00fcberholen lassen. Endlich ein paar Kilometer aus der vollen Hauptstadt raus, wird der Verkehr langsam entspannter. Ich allerdings werde unruhiger und gucke skeptisch auf die Armatur. Auf meinem Drehzahlmesser strahlt seit ein paar Minuten das rote Licht der Batterieladekontrollleuchte. Wir halten an, Micha kontrolliert den Spannungsregler unter der Sitzbank und s\u00e4ubert die \u00f6lverschmierten Kontakte an der Z\u00fcndung. Das Problem scheint behoben. Vier, f\u00fcnf Kilometer weiter flackert das verdammte L\u00e4mpchen schon wieder auf. Noch mal Stopp in der Hitze am Stra\u00dfenrand, Werkzeug auspacken und gucken. Wie immer hocken sich gleich wieder ein paar neugierige Nepalesen hinter Micha und beobachten jeden Handgriff. Diesmal tauscht Micha einfach den Spannungsregler aus, den wir zum Gl\u00fcck als Ersatzteil ganz unten im Alukoffer haben.
\nWeiter geht\u2019s. Es ist schon zwei Uhr nachmittags. Hoffentlich kommen wir noch vor dem Dunkelwerden in Pokhara an. Wir drehen am Gasgriff, fliegen an den Bussen auf der Stra\u00dfe vorbei und wollen mindestens sechzig km\/h Durchschnittsgeschwindigkeit halten. Dann schaffen wir die Strecke. Kurz nach dem \u00dcberholman\u00f6ver geht meine Emme einfach aus. Heute wohl ein Zickentag! Na gut, sie ist ansonsten ja ein braves M\u00e4dchen und aller guten Dinge sind eben drei. Micha hat schon vor dem Auspacken des Werkzeugs Schwei\u00dfperlen auf der Stirn. Bitte lass es nichts Ernstes sein.
\nDer Fehler-Teufel steckt mal wieder im Detail. Es ist nur ein abgebrochener Kabelschuh an der Z\u00fcndanlage und der ist in einer Viertelstunde repariert. Halb drei \u2013 ab jetzt wird nicht mehr angehalten. Und tats\u00e4chlich, wir kommen ohne Murren zum Sonnenuntergang in Pokhara an. Die Strecke wurde immer besser, insbesondere nach Mugling: saftgr\u00fcne, aufbl\u00fchende Nepalid\u00f6rfer und kaum Verkehr auf der asphaltierten Kurvenstra\u00dfe. Wie man uns in Kathmandu vorgewarnt hatte, fuhren wir an ein paar Unf\u00e4llen auf dem Weg vorbei. Busse, die in den Regenwassergraben gerutscht oder Jeeps, die in der Kurve gegen Laster geknallt sind.
\nIn Pokhara steigen wir geschafft und gl\u00fccklich am etwas abgelegenen View Point Gasthaus mit bestem Ausblick auf den Lewa Tal See ab. Die Besitzer sind sehr aufmerksam und hilfsbereit. Sie geben den Emmen sogar einen Garagenplatz und wir ziehen in ein kleineres Zimmerchen mit Blick auf den tollen Bergsee ein. Ein wirklich sch\u00f6nes Pl\u00e4tzchen am Rande der zweitgr\u00f6\u00dften Stadt Nepals. \n
Der fr\u00fche Morgen geh\u00f6rt uns. Nach einem guten Fr\u00fchst\u00fcck auf der Dachterrasse gehen wir die Treppe runter zum Seeufer, wo wir in ein einfaches, kleines Holzboot steigen und auf den Lewa Tal See hinaus paddeln. Der blaue Himmel spiegelt sich im klaren Wasser, ein leichter Wind treibt das Boot. Im Hintergrund luken die Schneegipfel des Annapurna Massivs \u00fcber die nahen Berge. Zwei Stunden vertreiben wir so am Vormittag. Ab und zu ein paar sportliche Paddeleinlagen im Duo, dann wieder treiben lassen. Dieser Tag hat so entspannt begonnen, ein besonders herrlicher Tag. Und erfasst von der Magie dieses Tages stellen wir uns auf einmal die Frage: Ist jetzt nicht irgendwann auch Ostern in Deutschland? Ist heute vielleicht sogar Freitag? Karfreitag? Nach dem Bootsausflug gehen wir gleich in ein Internetcaf\u00e8 und googeln nach Karfreitag. Heute ist Karfreitag! Und Deutschland hat wie wir bestes Wetter. \u00dcber unsere Webseite verschicken wir eine blitzschnelle Ostergru\u00dfkarte nachhause. Wir genie\u00dfen das Gef\u00fchl, dass unsere Lieben daheim und wir hier \u2013 zwar tausende Kilometer entfernt, aber im selben Moment \u2013 echte Fr\u00fchlingsstimmung und eine tolle Zeit haben.
\nAm Ostersonntag feiert Pokhara mit einem Rummelplatz das Neujahr 2066, wie der Gastwirt uns erz\u00e4hlt. Das erkl\u00e4rt auch die extrem lange Haltbarkeit der Kekse, die wir letztens gekauft haben. Hier in Pokhara am idyllischen See ist es wirklich auszuhalten. Wir wollen gar nicht weg und bereuen die Hetze. Aber leider laufen unsere Nepalvisa in drei Tagen aus. Wir wissen noch nicht mal, ob wir es bis dahin tats\u00e4chlich zur Grenze schaffen. Falls nicht, lassen wir die Immigrationsbaracke, wo die Visa mit einem Ausreisedatum versehen werden, einfach aus und lassen im Zollschuppen nur unsere Carnets abstempeln. An den nepalesischen Grenzen im Osten und Westen ist so was unbemerkt m\u00f6glich \u2013 es sind die unscheinbarsten Grenzposten der ganzen Reise.<\/p>\n
Am n\u00e4chsten Morgen hei\u00dft es Abfahrt nach Bhutwal \u2013 ein paar Stunden Fahrt durch die Berglandschaft nach S\u00fcden ins Flachland. Zur\u00fcck im Terai strahlt die Sonne eine erm\u00fcdende Hitze ab. An der breiten, belebten Stra\u00dfe in der Kleinstadt am Mahendra-Highway finden wir zum Gl\u00fcck schnell ein Hotel, in dem wir beide sofort unter den Deckenventilator aufs Bett fallen. Schei\u00df Stromausfall! Wir liegen leblos da bis uns irgendwann der Luftzug des Ventilators endlich aus dem Delirium holt. Eine gute Vorbereitung auf die n\u00e4chsten zwei Monate, in denen wir die Fr\u00fchsommerhitze Indiens, Pakistans und Irans aushalten m\u00fcssen.
\nVon Bhutwal geht es am n\u00e4chsten Tag immer auf gut asphaltierter und fast leerer Landstra\u00dfe geradewegs zur Westgrenze. Die Gegend wirkt oft sehr ausged\u00f6rrt. Alles durstet nach Regen. Wir m\u00fcssen uns zu dieser Zeit nicht \u00e4rgern, wenn wir den Bardin Nationalpark nicht besuchen k\u00f6nnen. Kaum vorstellbar, dass sich die breiten, ausgetrockneten Flussl\u00e4ufe, die wir auf neu gebauten Br\u00fccken \u00fcberqueren, bald mit Mengen an Monsunwasser f\u00fcllen, ganze Landesteile \u00fcberschwemmen und die Stra\u00dfe unpassierbar machen.<\/p>\n
Nach einer letzten Zwischen\u00fcbernachtung nahe Chisapani, etwa vier Stunden vor der Grenze, kommen wir morgens um Sieben an einer Stra\u00dfenblockade zum Stehen. Die Menschen haben Steine quer \u00fcber den Mahendra-Highway gelegt, um auf fr\u00fchere Gewalttaten der Maoisten aufmerksam zu machen. Sie demonstrieren mit Transparenten. Reisebusse und Laster werden nicht durchgelassen. Die Stimmung ist allerdings entspannt. Keiner regt sich auf. Die Menschen hier sind solche Streikblockaden schon aus der Zeit der Maoistischen Rebellion gewohnt. Mopedfahrer und Touristen auf MZ d\u00fcrfen sich an den Steinhaufen vorbeidr\u00e4ngeln. Stundenlanges Warten bleibt uns erspart.
\nBei der Fahrt durchs westliche Tiefland Nepals erkennen wir, dass sich das Leben der Menschen hier seit Ewigkeiten nicht ver\u00e4ndert hat. An der Stra\u00dfe reihen sich kleine D\u00f6rfer aus einfachen Lehmh\u00fctten mit Strohd\u00e4chern. Die Behausungen erinnern an die von Urv\u00f6lkern aus S\u00fcdamerika oder Afrika. Mittags und p\u00fcnktlich am letzten Aufenthaltstag laut Visum erreichen wir nahe Mahendranagar die Grenze. Wie auch schon im Osten Nepals ist die Grenzschranke kaum erkennbar. Im Hin und Her von Fahrradfahrern, Fu\u00dfg\u00e4ngern und kleinen Bussen merken die Beamten im Immigrationsst\u00fcbchen noch nicht einmal, ob wir gerade aus Nepal gekommen sind oder ins Land einreisen wollen. In einer Viertelstunde sind P\u00e4sse und Carnets abgestempelt und es geht auf einer groben, staubigen Schotterstra\u00dfe r\u00fcber zum indischen Teil. Hier sieht es nicht anders aus. Der Immigrationsbeamte langweilt sich zu Tode und ist dankbar \u00fcber jeden sofort erkennbaren Touristen, den er von seinem Freiluftb\u00fcro aus zur Passkontrolle heranwinken kann. Inder und Nepalesen d\u00fcrfen die Grenze ohne Visum passieren. Darum h\u00e4lt er nur nach Leuten wie uns Ausschau.
\nWie immer sind alle sehr h\u00f6flich. Die Herren vom Zoll lassen uns sogar von den indischen S\u00fc\u00dfwaren probieren, die zur Abwechslung von einem Springer ins Zollb\u00fcro beordert wurden. F\u00fcr die Zollkontrolle sind vier M\u00e4nner angestellt. Und typisch f\u00fcr eine indische Beamtenstube reicht die Arbeit eigentlich f\u00fcr Einen. Darum bleibt Zeit f\u00fcr s\u00fc\u00dfes Geb\u00e4ck, Tee und einen Plausch mit den Motorradabenteurern, w\u00e4hrend man unsere Carnets ausf\u00fcllt. Sp\u00e4testens am 8. Mai m\u00fcssen wir Indien den R\u00fccken kehren. Dann sind sechs Monate vergangen und l\u00e4nger d\u00fcrfen die Motorr\u00e4der nicht im Land bleiben. Diese Information des netten Beamten war uns neu. Wir steigen zur\u00fcck auf die extrem aufgeheizten Emmen, die drau\u00dfen in der prallen Mittagssonne solange gewartet haben, und knattern auf vollen Stra\u00dfen nach Kashipur…<\/p>\n
Reise-Abenteuer: Von der Haust\u00fcr zum Himalaja und zur\u00fcck Von Kathmandu nach Pokhara: Die Emme zickt rum 9. April 2009 in Kathmandu. Um 11 Uhr m\u00fcssen wir in der Pakistanischen Botschaft im Norden der Hauptstadt die P\u00e4sse mit den Visa entgegen nehmen. Bevor wir losknattern, laden wir alle Sachen auf die Mopeds, denn von der Botschaft aus soll es gleich weiter nach Pokhara gehen.…<\/p>\n","protected":false},"author":2,"featured_media":5831,"parent":0,"menu_order":0,"comment_status":"open","ping_status":"open","template":"","meta":{"ngg_post_thumbnail":0,"_links_to":"","_links_to_target":""},"tags":[297],"_links":{"self":[{"href":"https:\/\/www.emmenreiter.de\/wp-json\/wp\/v2\/pages\/2663"}],"collection":[{"href":"https:\/\/www.emmenreiter.de\/wp-json\/wp\/v2\/pages"}],"about":[{"href":"https:\/\/www.emmenreiter.de\/wp-json\/wp\/v2\/types\/page"}],"author":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/www.emmenreiter.de\/wp-json\/wp\/v2\/users\/2"}],"replies":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/www.emmenreiter.de\/wp-json\/wp\/v2\/comments?post=2663"}],"version-history":[{"count":0,"href":"https:\/\/www.emmenreiter.de\/wp-json\/wp\/v2\/pages\/2663\/revisions"}],"wp:featuredmedia":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/www.emmenreiter.de\/wp-json\/wp\/v2\/media\/5831"}],"wp:attachment":[{"href":"https:\/\/www.emmenreiter.de\/wp-json\/wp\/v2\/media?parent=2663"}],"wp:term":[{"taxonomy":"post_tag","embeddable":true,"href":"https:\/\/www.emmenreiter.de\/wp-json\/wp\/v2\/tags?post=2663"}],"curies":[{"name":"wp","href":"https:\/\/api.w.org\/{rel}","templated":true}]}}
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