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Kurdische D\u00f6rfer<\/h3>\n
In Ostanatolien ist die T\u00fcrkei noch wild und voller Abenteuer, sagt man. Wir fahren auf Michas Emme trotz des verregneten Tages durch die kurdischen D\u00f6rfer. Wir sehen kleine, von der Zeit gezeichnete Feldsteinh\u00e4user. Von den braunerdigen H\u00f6fen treiben die jungen S\u00f6hne schmutzige Schafherden auf die umliegenden Weiden. Auf den Feldsteinmauern entlang der moddrigen Dorfstra\u00dfen stapelt der Schafmist als Briketts zum Trocknen. Wir gelangen an den Fischersee f\u00fcnfzig Kilometer von Dogubayazit entfernt. Die Gewitterschauer der Berglandschaft k\u00f6nnen uns in den Regensachen nichts anhaben. Im Gegenteil. Wir genie\u00dfen die Stimmung. Irgendwann am See gelangen wir in ein kleines Dorf: Bazirhan. Die Kinder laufen in Gummistiefeln umher und beobachten sch\u00fcchtern unsere Ankunft. Die M\u00e4nner aus dem Dorf kommen sofort n\u00e4her, um die Fremden mit Handschlag zu begr\u00fc\u00dfen. Wir kennen kein einziges kurdisches Wort, aber wir verstehen die Einladung zum Tschai. In einem einfachen Haus sitzen wir kurz danach mit jungen und alten M\u00e4nnern der Familie auf dem Teppichboden und trinken den starken Tee, den die junge und h\u00fcbsche Ehefrau serviert. Respektierter Mittelpunkt ist ganz eindeutig der Gro\u00dfvater, der Micha l\u00e4chelnd die Hand reicht.
\nWir zeigen der neugierigen Runde die bisherige MZ-Reiseroute auf der kleinen Weltkarte. Das kommt immer gut an. Als wir Abschied nehmen wollen, werden wir gebeten, noch zum Essen zu bleiben. Solange wir den lecker zubereiteten Kartoffeln-Paprika-Tomaten-Mix genie\u00dfen, sitzen die Frauen der Familie wie es Tradition ist gemeinsam au\u00dferhalb der Runde, bis die M\u00e4nner fertig sind. Nur Suse darf sich wie immer zu den Herren dazugesellen. Nach dem Besuch bei diesen netten Leuten fahren wir weiter zu den hei\u00dfen Quellen. In einem Becken, das wir ganz privat nutzen k\u00f6nnen, heizen wir wie Gott uns schuf im schwefelhaltigen Wasser die steifen Muskeln und Glieder durch \u2013 und das unter pl\u00f6tzlich strahlend blauem Himmel und bei Sonnenschein. Als wir zum Campingplatz zur\u00fcckkehren, begr\u00fc\u00dfen wir neue Zeltnachbarn: zwei Hamburger auf ihren Enduros und ein Motorradp\u00e4rchen aus K\u00f6ln. Zum ersten Mal w\u00e4hrend unseres MZ-Abenteuers sitzen wir in einer Biker-Runde zusammen und finden es sch\u00f6n, wieder original Hamburger Slang zu h\u00f6ren.<\/p>\n
Kars-Istanbul im Dogu Ekspresi: „Motosiklet no!“<\/h3>\n
16. Juni. Wir sch\u00fctteln Mercit und Bertil die Hand, ziehen die Motorradhandschuhe \u00fcber und kicken an. Dicht am gro\u00dfen Ararat vorbei \u2013 der vor einem Jahr zwei deutschen Bergsteigern durch die PKK zum Verh\u00e4ngnis wurde \u2013 knattern wir in die Stadt Kars. Wir haben geh\u00f6rt, dass man dort problemlos mit den Motorr\u00e4dern im Zug bis nach Istanbul fahren kann. Leider ist die Reisekasse fast leer und wir sparen viel Geld, wenn wir die relativ teure T\u00fcrkei diesmal auf der Schiene bereisen. Zugfahren ist eine sch\u00f6ne Abwechslung und die siebenunddrei\u00dfig Stunden im sog. Dogu Ekspresi eine 1.435-Kilometer-Strecke mit bester Aussicht.
\nAls wir in Kars ankommen, fahren wir sofort zum Bahnhof, um die reservierten Schlafwagentickets abzuholen. Am Telefon vor ein paar Tagen hat man uns best\u00e4tigt, dass auch die Emmen im Dogu Ekspresi mitfahren k\u00f6nnen. Die Dame am Schalter in Kars sieht das aber anders, als wir auf die Mopeds zu sprechen kommen. \u201eMotosiklet no,\u201d wiederholt sie st\u00e4ndig und sch\u00fcttelt dabei mit dem K\u00f6pfchen. Wir lassen nicht locker, bis sie ihren Boss anruft. Dann erweitert sie pl\u00f6tzlich ihren einen Satz: \u201eMotosiklet no problem.\u201d Das h\u00f6rt sich schon besser an. Teschek\u00fcler (Dankesch\u00f6n)!
\nMorgens um halb Acht stellen wir uns mit beiden Emmen auf den Bahnsteig Nummer 1 am kleinen Bahnhof von Kars. Wir suchen den Verladechef oder irgendjemand anderen von der T\u00fcrkischen Staatsbahn, der uns sagen kann, wie wir die Motosiklets verladen sollen. Aber einen Verladechef gibt es nicht, denn Fahrzeuge werden auf diesem Bahnhof nicht verladen. Wir berufen uns mit einem L\u00e4cheln auf das Versprechen von gestern: Motosiklet no problem! Das Bahnhofspersonal ist gl\u00fccklicherweise l\u00f6sungsorientiert und macht eine Ausnahme: Tamam (OK). Motosiklet no problem! Als der Dogu Ekspresi einrollt, heben die M\u00e4nner die Emmen mit den H\u00e4nden rauf in den leeren Cargo-Wagon, wo sich ansonsten nur Kisten oder \u00e4hnliches stapeln. Danach r\u00e4tselt der Zugchef, wie er der Form entsprechend abrechnen kann. In der Preistabelle auf seinem Klemmbrett gibt es keine Angabe f\u00fcr mehr als f\u00fcnfzig Kilogramm Frachtgewicht. Er sch\u00e4tzt. Und mit hundert Kilogramm pro Moped liegt er zwar ein bisschen daneben, aber wir freuen uns sehr \u00fcber das Schn\u00e4ppchen von dreiunddrei\u00dfig Euro pro Motorradfahrkarte. Am Ende reist unsere kleine \u201cFamilie\u201d f\u00fcr insgesamt hundertf\u00fcnfzig Euro erster Klasse von Ost nach West durchs ganze Land.
\nDer Zug rollt p\u00fcnktlich auf die Minute um 9:10 Uhr aus dem Bahnhof. Wir machen es uns f\u00fcr die fahrplanm\u00e4\u00dfig n\u00e4chsten siebenunddrei\u00dfig Stunden im Privatabteil gem\u00fctlich. Keine schwere Aufgabe. Aus dem Fenster gucken wir erst noch auf Felder und Berge, auf die die Sonne scheint. Nicht lange, und es regnet wieder. Dann macht die Reise im trockenen Zug doppelt Spa\u00df. Nach einem super Sonnenuntergang schunkelt uns der Wagon, der durch etliche Kurven und Bergtunnel tr\u00f6delt, auf weichen Klappbetten in den Halbschlaf. Ein paar Schienenabschnitte sind wohl sehr alt. Die R\u00e4der reiben und quietschten an den Gleisen entlang und rattern laut im Takt. Manchmal k\u00f6nnte man denken, dass wir gleich entgleisen. Aber wohl nicht bei dem Tempo.
\nMit f\u00fcnf Stunden Versp\u00e4tung trudeln wir nachts um drei auf dem Haydarpa\u015fa Bahnhof in Istanbul ein. Wir sind auf einmal hell wach. Die Abladung der Emmen erfolgt blitzschnell und wir nutzen die verf\u00fchrerische Stille der Nacht, um uns auf leeren Stra\u00dfen aus Istanbul davonzustehlen. In dieser Stadt haben wir vor fast genau einem Jahr den Schritt nach Asien gemacht. Jetzt bringt uns die lila beleuchtete Bosporusbr\u00fccke bei ersten Anzeichen einer Morgend\u00e4mmerung wieder zur\u00fcck. Asien ad\u00e8! Willkommen in Europa!<\/strong><\/p>\nReise-Abenteuer: Von der Haust\u00fcr zum Himalaja und zur\u00fcck
\nn\u00e4chste Reisegeschichte ><\/a><\/strong>
\n < zur\u00fcck zur Karte<\/a><\/strong><\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"Im Tulpengarten von Dogubayazit 12. Juni. Die Iranvisa enden heute auf den Tag genau. W\u00e4hrend die Iraner zur Wahlurne rennen, machen wir den Schritt ins muslimische Nachbarland. Der Grenz\u00fcbergang in die T\u00fcrkei geht auf beiden Seiten z\u00fcgig vonstatten. Einziger Unterschied ist, dass der nette Helfer auf t\u00fcrkischer Seite, der uns im (Vordr\u00e4ngel-)Spurt durch die n\u00f6tigen…<\/p>\n","protected":false},"author":2,"featured_media":6695,"parent":0,"menu_order":0,"comment_status":"open","ping_status":"open","template":"","meta":{"ngg_post_thumbnail":0,"_links_to":"","_links_to_target":""},"tags":[375],"_links":{"self":[{"href":"https:\/\/www.emmenreiter.de\/wp-json\/wp\/v2\/pages\/2796"}],"collection":[{"href":"https:\/\/www.emmenreiter.de\/wp-json\/wp\/v2\/pages"}],"about":[{"href":"https:\/\/www.emmenreiter.de\/wp-json\/wp\/v2\/types\/page"}],"author":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/www.emmenreiter.de\/wp-json\/wp\/v2\/users\/2"}],"replies":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/www.emmenreiter.de\/wp-json\/wp\/v2\/comments?post=2796"}],"version-history":[{"count":0,"href":"https:\/\/www.emmenreiter.de\/wp-json\/wp\/v2\/pages\/2796\/revisions"}],"wp:featuredmedia":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/www.emmenreiter.de\/wp-json\/wp\/v2\/media\/6695"}],"wp:attachment":[{"href":"https:\/\/www.emmenreiter.de\/wp-json\/wp\/v2\/media?parent=2796"}],"wp:term":[{"taxonomy":"post_tag","embeddable":true,"href":"https:\/\/www.emmenreiter.de\/wp-json\/wp\/v2\/tags?post=2796"}],"curies":[{"name":"wp","href":"https:\/\/api.w.org\/{rel}","templated":true}]}}