{"id":2799,"date":"2009-07-05T21:14:32","date_gmt":"2009-07-05T19:14:32","guid":{"rendered":"http:\/\/www.emmenreiter.de\/?page_id=2799"},"modified":"2016-12-16T07:54:34","modified_gmt":"2016-12-16T05:54:34","slug":"donaudelta","status":"publish","type":"page","link":"https:\/\/www.emmenreiter.de\/donaudelta\/","title":{"rendered":"Mehr Meer: Von Nessebar bis Donaudelta"},"content":{"rendered":"
Casino von Constanta, 2009 \u00a9 emmenreiter.de<\/p><\/div>\n
Ja, Europa hat uns wieder. Der asiatische Teil Istanbuls liegt schon ein paar Stunden hinter uns. Wir steuern bei au\u00dfergew\u00f6hnlich kaltem Sonnenwetter auf die Grenzstelle bei Kirklareli nach Bulgarien zu. Diesmal klappt der \u00dcbertritt besser. Diesmal n\u00e4mlich liegen unsere nationalen MZ-Fahrzeugscheine nicht mehr in der KFZ-Zulassungsstelle daheim. Wir treffen denselben netten t\u00fcrkischen Zollchef an, bei dem wir vor einem Jahr<\/a> stundenlang auf E-Mail-Kopien aus dem deutschen Amt gewartet hatten. Nach schnellen Stempeln im Pass zeigen wir dem Z\u00f6llner heute bei einer Tasse Tee drau\u00dfen in der Sonne die Route, die wir seit unserer ersten Begegnung zur\u00fcckgelegt haben. Sein Kollege spitzt ebenfalls die Ohren, denn der f\u00e4hrt auch MZ. Dann winken uns beide wieder durch die Schranke. Diesmal in die andere Richtung\u2026<\/p>\n Ein ganzes Jahr ist also vergangen. Und am heutigen Tag l\u00e4uft alles R\u00fcckw\u00e4rts: Grenz\u00fcbergang, Fahrt durch Burgas, Ankunft am Sonnenstrand bei Nessebar, einchecken im Balkan Hotel. Wie sollen wir uns f\u00fchlen? Freud und Leid liegen dicht beieinander. Hier am Schwarzen Meer in Bulgarien hat gerade die Hauptsaison begonnen. So wie beim letzten Mal. Unz\u00e4hlige halbblasse Urlauber stellen \u00fcber Speckw\u00fclsten ihre knappe \u201eDas-ist-meine-Lieblingsurlaubsgarderobe\u201d zur Schau. Wir starren regelrecht auf soviel nackte Haut und freigelegte Pobacken. Nach so langer Zeit in eher bedeckten L\u00e4ndern kommt uns das ziemlich freiz\u00fcgig vor. Bei manchen sieht der Grad des Sonnenbrands echt gef\u00e4hrlich aus. Da zieht man schon beim Hinsehen Luft durch die Z\u00e4hne. Egal, Hauptsache braun sein, bevor man wieder in den TUI-Flieger steigt. Wir meiden die strenge UV-Strahlung und lassen uns lieber von der Geldtauschermafia beschei\u00dfen. Fast! Die wartet \u00fcberall in Strandn\u00e4he in kleinen Containern auf dumme Kunden. Micha schaut zum Gl\u00fcck genauer auf den Tauschbeleg, bevor er unterschreibt. Die Tabelle mit den Umtauschkursen drau\u00dfen ist mit Absicht missverst\u00e4ndlich und Micha muss schon richtig hingucken, um den tats\u00e4chlich miesen Wechselkurs auf dem Beleg zu enttarnen. Wir wollen unseren Hundert-Dollar-Schein zur\u00fcck. Den r\u00fcckt das pl\u00f6tzlich aggressive Arschloch im Container aber erst wieder raus, als wir die Polizei holen. Wir verabschieden uns mit einem freundlichen Stinkefinger und gehen zur Bank. Constanta \u2013 dieser Name h\u00f6rt sich toll an. Der Ort k\u00f6nnte uns gefallen und ablenken \u2013 eine alte Hafenstadt an der rum\u00e4nischen K\u00fcste, etwas heruntergekommen, charmant und verrucht. Aber leider ist der Name romantischer als das, was dahinter steckt. Viel 60er-Jahre-Architektur, hier und da moderne Glasfassaden und ein paar sch\u00f6ne Altbauten. Mehr als \u201eganz nett\u201d kommt uns beim ersten Eindruck nicht \u00fcber die Lippen. Wir wohnen mitten im Zentrum, nicht weit vom Hafen in einem ehemaligen Bonzenhotel. Hier h\u00e4ngen noch Gardinen aus der Chauchesco-\u00c4ra an den Holzfenstern. Und in den hellblauen Kacheln des Badezimmers haben sich schon viele nackte Kommunisten gespiegelt. Auch das Hotelpersonal erinnert uns stark an alte Zeiten. Man kann die Damen regelrecht denken h\u00f6ren: \u201eMeine Arbeit w\u00e4re so sch\u00f6n, wenn nur die G\u00e4ste nicht w\u00e4ren\u2026\u201d Naja, ganz so schlimm ist es nicht, aber nah dran. Wir fahren \u00fcber einsame Stra\u00dfen und D\u00f6rfer nach Babadag \u2013 etwas s\u00fcdlich vom Donaudelta. Abseits der Hauptrouten sind die Stra\u00dfenbel\u00e4ge manchmal sehr alt und von Schlagl\u00f6chern zerfressen. Die Getreidefelder in Rum\u00e4nien sind bereits goldgelb. In den D\u00f6rfern sitzen alte Frauen in bunten Sch\u00fcrzen und Kopft\u00fcchern auf B\u00e4nken vor hellblau gestrichenen Lattenz\u00e4unen. M\u00e4nner lenken Pferdekarren oder machen Pause im Schatten der Kneipenterasse. Kinder radeln \u00fcber die Dorfstra\u00dfe. Den kleinen Ortschaften an der K\u00fcste scheint es an nichts zu fehlen: Schule, Polizeistation, Bank, Restaurant und Magazin Mixt. Die Kirchen sind neu restauriert. Wir suchen den Campingplatz \u201eZwei Hasen\u201d. Der entpuppt sich als ein Waldh\u00e4uschen-Hof ohne Campingm\u00f6glichkeit. Wir sind m\u00fcde und es sieht nach einem Gewitterschauer aus. Statt weiter zu suchen, mieten wir eines der h\u00fcbschen Zimmer f\u00fcr achtzehn Euro pro Nacht. \u00dcber die Holzterrasse hoppeln tats\u00e4chlich kleine Hasen. Und morgens beim Fr\u00fchst\u00fccken fliegen die Schwalbeneltern \u00fcber unsere K\u00f6pfe und stopfen die weit aufgerissenen Schn\u00e4bel ihrer Jungen, die sich ins kleine Nest unterm Terrassendach quetschen. Die m\u00fcssen bald ausfliegen. Aber bis dahin stecken sie noch ihre Hintern \u00fcber die Nestkante und kacken nach drau\u00dfen. Von Babadag aus machen wir Tripps ins Donaudelta. Am kleinen Hafen von Mahmudia treffen wir zuf\u00e4llig Dimitri. Er nimmt uns mit auf eine Bootstour durch die Kan\u00e4le und \u00fcber die Seen des Deltas. Dabei sehen wir Pelikane \u2013 einzigartig in Europa. Und nicht wenige, schnelle Motorboote. Paddeln ist hier nicht gefragt. Wir konnten leider keinen Paddelbootverleiher finden. Und auch keine offiziellen Stellen zum Zelten.<\/p>\n Wir machen einen Tag sp\u00e4ter noch einen Ausflug nach Gura Portitei. Angeblich der spektakul\u00e4rste Ort im Delta \u2013 eine Besuchersiedlung auf einer gesch\u00fctzten, schmalen Landzunge zwischen Salz- und S\u00fc\u00dfwasser, die vom russischen Einsiedlerdorf Jurilovca nur per Boot erreichbar ist. Als wir dort ankommen, m\u00fcssen wir feststellen, dass wir auf dem Sylt Rum\u00e4niens gelandet sind. Statt in unber\u00fchrter Natur bewegen wir uns hier in einer modernen Ferienanlage mit etlichen wei\u00dfblauen Holzh\u00fctten, einem teuren Restaurant und einer Strandbar, aus der amerikanischer M\u00e4dchenpop schallt. Schon auf dem Parkplatz am Hafen von Jurilovca standen BMW X5, Audi Q7und Co. Nach vier Stunden nehmen wir das n\u00e4chste Boot zur\u00fcck \u2013 dieser Ausflug hat sich leider nicht gelohnt. Zur\u00fcck in Bagadag sind die Stra\u00dfen \u00fcberschwemmt mit Schlamm, hier muss es in den letzten Stunden stark gewittert haben. Bagger schieben gerade die Wege zwischen den H\u00e4usern frei. Im Dorfzentrum greifen wir noch schnell das kostenlose Wi-Fi ab und kaufen teure Lebensmittel ein. In Rum\u00e4nien zahlt man daf\u00fcr mehr als in Deutschland! Dann geht es ab nachhause \u2013 zu den zwei Hasen.<\/p>\n Reise-Abenteuer: Von der Haust\u00fcr zum Himalaja und zur\u00fcck Grenze T\u00fcrkei, Bulgarien: Diesmal geht\u2019s schneller Ja, Europa hat uns wieder. Der asiatische Teil Istanbuls liegt schon ein paar Stunden hinter uns. Wir steuern bei au\u00dfergew\u00f6hnlich kaltem Sonnenwetter auf die Grenzstelle bei Kirklareli nach Bulgarien zu. Diesmal klappt der \u00dcbertritt besser. Diesmal n\u00e4mlich liegen unsere nationalen MZ-Fahrzeugscheine nicht mehr in der KFZ-Zulassungsstelle daheim. Wir treffen…<\/p>\n","protected":false},"author":2,"featured_media":6699,"parent":0,"menu_order":0,"comment_status":"open","ping_status":"open","template":"","meta":{"ngg_post_thumbnail":0,"_links_to":"","_links_to_target":""},"tags":[380,383],"_links":{"self":[{"href":"https:\/\/www.emmenreiter.de\/wp-json\/wp\/v2\/pages\/2799"}],"collection":[{"href":"https:\/\/www.emmenreiter.de\/wp-json\/wp\/v2\/pages"}],"about":[{"href":"https:\/\/www.emmenreiter.de\/wp-json\/wp\/v2\/types\/page"}],"author":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/www.emmenreiter.de\/wp-json\/wp\/v2\/users\/2"}],"replies":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/www.emmenreiter.de\/wp-json\/wp\/v2\/comments?post=2799"}],"version-history":[{"count":0,"href":"https:\/\/www.emmenreiter.de\/wp-json\/wp\/v2\/pages\/2799\/revisions"}],"wp:featuredmedia":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/www.emmenreiter.de\/wp-json\/wp\/v2\/media\/6699"}],"wp:attachment":[{"href":"https:\/\/www.emmenreiter.de\/wp-json\/wp\/v2\/media?parent=2799"}],"wp:term":[{"taxonomy":"post_tag","embeddable":true,"href":"https:\/\/www.emmenreiter.de\/wp-json\/wp\/v2\/tags?post=2799"}],"curies":[{"name":"wp","href":"https:\/\/api.w.org\/{rel}","templated":true}]}}
Bulgarien: Zu viel nackte Haut und gemischte Gef\u00fchle<\/h3>\n
\nNun sind wir da, wo andere Urlaub machen und f\u00fchlen uns fehl am Platz. Asien und Europa \u2013 das ist schon ein Unterschied. Am Telefon verk\u00fcnden wir froh, dass wir schon so nah an zuhause sind. Andererseits f\u00fchlen wir uns komisch. Alles ist so normal, sogar die Verdauung. Wir haben das Schwarze Meer vor Augen, bestes Wetter, Milchshakes von McDonalds und die BILD Zeitung. Aber irgendwas fehlt. Das Abenteuerfeeling. Au\u00dferdem stellt niemand mehr die \u00fcblichen Fragen beginnend mit \u201eHello, where are you from?\u201d
\nWir bleiben vier Tage am Sonnenstrand und versuchen, uns zu akklimatisieren. Wir fahren zum Sonnenuntergang ins alte Nessebar auf die Insel und landen dort in einer Open-Air Talentshow f\u00fcr Kinder. Da sitzen wir nun und gucken auf kleine M\u00e4dchen in knallbunten Glitzerkleidchen, die Spagat machen und wie wild umhertanzen. Das m\u00fcssen wir erstmal verarbeiten. Wir fahren weiter n\u00f6rdlich an den Strandort Albena. Auf einen Campingplatz ohne Zelte. Camping hei\u00dft hier, einen Bungalow zu mieten. Wir stellen als Einzige unser Zelt in dem feuchtschattigen Waldst\u00fcckchen neben dem Campingplatzrestaurant auf. Der Rest des DEET-Mittelchens aus Indien kommt sofort bei Ankunft gegen osteurop\u00e4ische Stechm\u00fccken und bei\u00dffreudige Bremsen zum Einsatz. \n\n <\/a>\n <\/div>\n\t\t\t\t\t\t\t<\/div> \n\t\t\t\n \n\t\t\t\t
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Constanta<\/h3>\n
\nDrau\u00dfen in der prallen Sonne ist es ganz sch\u00f6n hei\u00df und schw\u00fcl, fast wie in Indien. Wir versuchen die Tage in Constanta zu genie\u00dfen und den letzten Monaten nicht hinterher zu trauern. Wir geben der Stadt eine Chance und gucken uns das uralte r\u00f6mische 700-qm-Bodenmosaik neben dem Arch\u00e4ologiemuseum an, das erst 1959 wieder entdeckt und aus der Erde befreit wurde. Auch ganz nett. Am sp\u00e4ten Nachmittag spazieren wir am Hafen entlang und finden endlich ein Fotomotiv: das alte Casino, das Wahrzeichen der Stadt. Inzwischen ist es geschlossen, aber um das Neobarockgeb\u00e4ude von 1909 schwebt noch eine spannende Aura. Wir k\u00f6nnen regelrecht sehen, wie alte, schwarze Limousinen vorfahren und reiche Menschen in die gro\u00dfe Halle mit den Roulettetischen schreiten. Abends sitzen wir mit kalten Wiener W\u00fcrstchen aus dem Konsum auf den Betten des Hotelzimmers und trauen uns, Pro Sieben zu gucken. Wir planen die n\u00e4chsten Reiseschritte. Im \u201eNaturparadies Donaudelta\u201d kommen Abenteurer vielleicht auf Ihre Kosten. Morgen fr\u00fch ist Abfahrt.<\/p>\nDonaudelta: 4.500 Quadratkilometer Wasser, S\u00fcmpfe und Inseln<\/h3>\n
\nBabadag ist ein alter, t\u00fcrkisch besiedelter Ort mit einer Moschee und einer ehemaligen Koranschule. Als wir eintrudeln, bockt meine Emme und ich halte in einer ruhigen, schattigen Nebenstra\u00dfe vor einem alten Wohnblock an. Micha wechselt die Z\u00fcndkerze aus. Das letzte Mal hatte er das in Kathmandu gemacht \u2013 elftausend Kilometer entfernt. Ich liege k.o. von Fahrt und Hitze auf der Parkbank und warte. Ein alter Mann kommt aus dem Hausaufgang mit einer hei\u00dfen, gesalzenen Tasse Milch. Die soll mich wieder munter machen. Leider k\u00f6nnen wir uns kaum mit dem lieben Herren verst\u00e4ndigen: Russisch wird nicht verstanden. Das Rum\u00e4nische hat als romanische Sprache noch nicht mal \u00c4hnlichkeit damit. Italienisch w\u00e4re jetzt hilfreicher.<\/p>\nZwei Hasen und Pelikane<\/h3>\n
Gura Portitei: Das Sylt Rum\u00e4niens<\/h3>\n
\nn\u00e4chste Reisegeschichte ><\/a><\/strong>
\n < zur\u00fcck zur Karte<\/a><\/strong><\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"